Am 24. April 2024 erschien in der PNP ein Artikel mit der Überschrift:
„Hospizverein: Keine Mithilfe bei Suizid“
Diesen Artikel möchte ich zum Anlass nehmen, die derzeitige Rechtslage zum Assistierten Suizid juristisch, daher wenn möglich sachlich kurz darzustellen:
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Februar 2020 müsste es eigentlich klar sein: Es gibt ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Das Bundesverfassungsgericht formulierte seine Leitsätze deutlich:
- Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen. Die Entscheidung des Einzelnen, seinem Leben entsprechend seinem Verständnis von Lebensqualität und Sinnhaftigkeit der eigenen Existenz ein Ende zu setzen, ist im Ausgangspunkt als Akt autonomer Selbstbestimmung von Staat und Gesellschaft zu respektieren.
- c) Die Freiheit, sich das Leben zu nehmen, umfasst auch die Freiheit, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen.
Soweit die Theorie. In der Praxis sieht es anders aus. Erst am 07.11.2023 wies das Bundesverwaltungsgericht die Klage von zwei schwerkranken Männern ab, die legal ein tödlich wirkendes Gift erwerben wollten. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hatte ihnen die Erlaubnis zum Erwerb von Natrium-Pentobarbital versagt. Dagegen richtete sich die Klage erfolglos. Über drei Jahre nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit den oben genannten Leitsätzen.
Was schließen wir daraus? Weder ist das Medizinprodukt „einfach verfügbar“ noch wird eine Privatperson das Mittel einem anderen aktiv verabreichen können.
Warum wurde also der Antrag auf Erlaubnis zum Erwerb des Mittels abgelehnt? Gibt es das Recht, seinem Leben selbstbestimmt ein Ende zu setzen, doch nur in der Theorie?
Das Institut für Arzneimittel und Medizinprodukte berief sich seinerzeit auf das Betäubungsmittelgesetz. Danach darf das Medikament nur für die Therapie und die Linderung von Krankheiten eingesetzt werden. Das schließt auch eine Verschreibung auf Rezept aus. Außerdem hatte im Jahr 2018 der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn das Bundesinstitut angewiesen, solche Anträge grundsätzlich abzuweisen.
Das widersprach einem vorangegangenen Urteil vom März 2017 des Bundesverwaltungsgerichts, in dem entschieden wurde, dass der Staat die Abgabe von Suizidmitteln in „extremen Notlagen“ nicht verhindern dürfe.
Wie passt das mit dem letzten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zusammen?
Eigentlich wäre die Sachlage doch klar. Aber die Richter des Bundesverwaltungsgerichts waren nun der Meinung, eine Abgabe des Medikaments an die Kläger sei nicht notwendig, da es andere zumutbare Optionen gebe, dem eigenen Leben mit medizinischer Begleitung ein Ende zu setzen.
Welche das sind, ist auch von einem Oberverwaltungsgericht entschieden worden. So hat das OVG Münster empfohlen, sich an Mediziner zu wenden, die dazu bereit wären. Diese könnten auf ebenfalls tödlich wirkende Medikamente zugreifen, die nicht vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ausgegeben werden müssen. Auch Sterbehilfevereine im Inland sind seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wieder erlaubt.
Warum gibt es noch kein Bundesgesetz nach der Aufhebung des § 217 StGB?
Das Bundesverfassungsgericht hat das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe (§ 217 StGB) für verfassungswidrig erklärt. Seitdem hat der Bundestag über zwei verschiedene Gesetzentwürfe beraten, ohne Ergebnis. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach möchte die Regelungen zur Abgabe von Pentobarbitural überprüfen lassen. Nachdem also beide Gesetzentwürfe keine Mehrheit fanden und der Bundesgesundheitsminister immer noch prüfen lässt, beschäftigt sich der Bundestag seitdem intensiv damit…..bislang ohne sichtbares Ergebnis. Die Freigabe von Cannabis war dann wohl doch wichtiger.