Mit am 09.04.2024 verkündetem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die bisherige gesetzliche Regelung über das Recht des leiblichen Vaters, die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes für sein Kind anzufechten, mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. In § 1600 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 BGB ist geregelt, dass der leibliche Vater die rechtliche Vaterschaft des Mannes, mit dem sein Kind in einer Familie lebt, nicht anfechten kann, wenn eine familiäre Beziehung zwischen rechtlichem Vater und Kind besteht.
Geklagt hatte der leibliche Vater eines 2020 nichtehelich geborenen Kindes. Nachdem sich die Mutter von ihm trennte, ging sie eine neue Beziehung ein. Der leibliche Vater stellte einen Antrag auf Feststellung seiner Vaterschaft, der neue Partner erkannte daraufhin die Vaterschaft für das Kind mit der Zustimmung der Mutter an. Die Folge war, dass der neue Partner der rechtliche Vater des Kindes wurde. Der Antrag des leiblichen Vaters wurde abgelehnt, weil das Kind inzwischen eine familiäre Beziehung zu seinem rechtlichen Vater aufgebaut habe. Der leibliche Vater hatte somit kein Mitspracherecht bei sorgerechtlichen Entscheidungen.
Diese gesetzliche Regelung hat das Bundesverfassungsgericht jetzt für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber muss nun tätig werden und eine neue Regelung finden. Wie diese aussehen soll, ließ das Gericht offen. Bisher geht das Bürgerliche Gesetzbuch davon aus, dass es dem Wohl eines Kindes am ehesten entspricht, wenn ein Kind „nur“ zwei Elternteile hat. Das Bundesverfassungsgericht eröffnete jetzt aber ausdrücklich die Möglichkeit, abweichend vom bisherigen Recht im Bürgerlichen Gesetzbuch die rechtliche Elternschaft des leiblichen Vaters neben der Mutter und dem rechtlichen Vater vorzusehen.
Die mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärte Regelung in § 1600 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 BGB über die Vaterschaftsanfechtung bleibt bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, längstens bis zum 30. Juni 2025, in Kraft.
Übrigens: Verheiratete Eltern haben automatisch das gemeinsame Sorgerecht für ihr Kind und treffen damit alle wichtigen Entscheidungen gemeinsam. Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, hat zunächst nur die Mutter das Sorgerecht. Das bedeutet, der leibliche Vater hat zunächst kein Sorgerecht für sein Kind.
In diesem Fall hilft die sogenannte Sorgeerklärung weiter: Darin vereinbaren beide Eltern, dass sie gemeinsam für ihr Kind sorgen wollen. Das können sie entweder gemeinsam oder mit separaten Erklärungen tun. Die Mutter muss der Sorgeerklärung aber zustimmen. Die Sorgeerklärung kann sogar schon vor der Geburt des Kindes abgegeben werden. Sie gilt bis zum 18. Geburtstag des Kindes und kann beim Jugendamt oder vor einem Notar abgegeben werden.