Auch Unfallgeschädigte haben Pflichten und müssen ihren Ersatzanspruch so gering wie möglich halten. Allerdings sollen sie nach dem Unfall zumindest finanziell auch nicht schlechter dastehen als vor dem Unfall.
Der Bundesgerichtshof hat nun in einer neuen Entscheidung vom 12.03.2024 die Rechte der Unfallgeschädigten nach einem Verkehrsunfall gestärkt.
Der Fall: Nach einem Verkehrsunfall beauftragte der Geschädigte ein Sachverständigenbüro mit der Feststellung seiner unfallbedingten Fahrzeugschäden. In der Rechnung der Sachverständigen wurde eine sog. Corona-Pauschale gefordert, die die Versicherung nicht übernehmen wollte.
Nachdem –wie üblich- der Geschädigte seine Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Sachverständigen an die Sachverständige abgetreten hatte, machte die Sachverständige ihre Zahlungsansprüche gegen die Versicherung selbst geltend. Amts- und Landgericht hielten diese Coronapauschale für unangebracht und wiesen die Klage ab. Der Bundesgerichtshof war anderer Meinung und verwies die Sache zurück an das Landgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.
In seiner Urteilsbegründung stellt der BGH klar, dass der Geschädigte grundsätzlich seinen kompletten Schaden vom Versicherer des Unfallverursachers ersetzt bekommen muss. Für den Geschädigten sei es weder bei einer Werkstatt noch bei einem Sachverständigen ohne weiteres möglich zu erkennen, ob die Rechnung überhöht sei.
Für den Geschädigten bedeutet das, dass auch Rechnungspositionen, die ohne Schuld des Geschädigten unangemessen sind, von der Versicherung ersetzt werden müssen. Das können beispielsweise überhöhte Ansätze von Material- und Arbeitszeit sein oder tatsächlich nicht durchgeführte Maßnahmen im Zusammenhang mit der Begutachtung.
Wichtig ist nur, dass die fraglichen Rechnungspositionen für den Geschädigten nicht erkennbar überhöht sind.
Diese Rechtsprechung gab es schon im Rahmen des sogenannten Werkstattrisikos. Der Bundesgerichtshof hat nun die Rechte des Unfallgeschädigten gestärkt und seine Rechtsprechung auch auf das Sachverständigengutachten ausgeweitet.
In dem Verfahren ging es übrigens um die Position „Zuschlag Schutzmaßnahme Corona“ in Höhe von 20 €. Das Amtsgericht hat die Klage der Sachverständigen mit Urteil vom 05.01.2022 abgewiesen, das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Es war der Auffassung, dass eine „Corona-Pauschale“ von einem Sachverständigen nicht gesondert in Rechnung gestellt werden dürfe.
Die Angelegenheit wurde schließlich vom Bundesgerichtshof wie oben entschieden. Der BGH war verständnisvoller und hatte keine grundsätzlichen Einwände gegen diese Pauschale. Nach fast zwei Jahren Verfahrensdauer muss nun das Landgericht noch einmal entscheiden, ob die Sachverständige tatsächlich einen erhöhten Sachaufwand wegen der Corona-Maßnahmen hatte.
Hätte der Geschädigte selbst die Sachverständigenkosten geltend gemacht und seinen Anspruch nicht an die Sachverständige abgetreten, hätte die Versicherung ohne weitere Begründung durch die Sachverständige die Kosten übernehmen müssen. Für die Sachverständige, die ihren Anspruch aus abgetretenen Recht geltend macht, gilt das zunächst einmal nicht. Sie muss nun dem Landgericht darlegen, warum sie durch Corona einen Mehraufwand in Höhe von 20 € hatte. Kann sie das, erhält sie nach über zwei Jahren ihre 20 €. Mit Zinsen.